Die Geschichte Böhmens in der Welt der Dunkelheit
Weit über Prag ist riesengroß
Der Kelch der Nacht schon aufgegangen;
Der Sonnenfalter barg sein Prangen
In ihrem kühlen Blütenschoß.
Hoch grinst der Mond, der schlaue Gnom,
und neckend streut er das Gesträhne
der weißen Silberhobelspäne
hernieder in den Moldaustrom.
Da plötzlich, wie beleidigt, hat
Zurückgerufen er die Strahlen,
weil er gewahr ward des Rivalen:
der Turmuhr Stundenblatt.
Rainer Maria Rilke, BEI NACHT |
Auch wenn es in Böhmen Reste 25000 Jahre alter Siedlungen gibt, begann seine Existenz erst mit der Ankunft der Slawen im 6. und 7. Jahrhundert. Sie überquerten die Pässe der Karparten, durchquerten das Mährische Tor (einen der vielen freien Pässe durch die Berge, die "Torwege" genannt werden, da man sie so einfach durchqueren kann) und kamen nach Böhmen. Dort vermischten sie sich mit Kelten und Germanen und vereinten sich unter einem fränkischen Händler namens Samo zu einem Stamm. Das neue Königreich brach jedoch bei dessen Tod zusammen. Ein großer westslawischer Stamm unter der Führung einer Frau namens Libussa kam im 7. Jahrhundert in dieses Gebiet, vermischte sich mit den früheren Einwohnern und ließ sich in großer Zahl nieder. Libussa erkannte, dass ihr Stamm es müde wurde ihr zu folgen, und wählte sich einen gemeinen Pflügler namens Premsyl als Gefährten und Gatten. Sie übergab ihm die Herrschaft, nachdem sie prophezeit hatte, eines Tages werde sich eine große Stadt mit dem Namen Prag in ihrer Heimat erheben, eine Stadt, die alle anderen überstrahlen würde. Jedenfalls behauptet das die Geschichte. Der Staat Groß-Mähren, der Mähren, Böhmen und die Westslowakei umfasste, erstarkte 833, die guten Beziehungen zu Byzanz ermöglichten es christliche Missionare zu entsenden. Cyril und Methodius, die Apostel der Slawen, kamen 863 und bekehrten einen großen Teil der Bevölkerung zur neuen Staatsreligion. Die beiden entwickelten außerdem die slawisch-glagolythische Schrift und erhielten die Erlaubnis, ihre Predigten auf slawisch zu halten. Um 880 begann die Familie Premsyl mit dem Bau der Prager Burg, die die Brücke über die Moldau beherrschte. Herzog Borivoj wurde im selben Jahr von Methodius getauft. 5 Jahre später baute er in der Burg eine Holzkirche und weihte sie der Jungfrau Maria. 900, als die Familie Premsyl Bedarf für weitere Festungen sahen, bestanden die Premsyls auf den Bau einer neuen steinernen Burg, etwa 3 Kilometer flussaufwärts der Prager Burg gelegen. Also baute die Familie die Burg Chrasten-Vysehrad. Die meisten Siedlungen entstanden zwischen diesen beiden Festungen; die wichtigste bekannt als Mala Strana, entstand direkt am Fuß der Prager Burg. Verschiedene Ehen zwischen den Premsyls und anderen Adeligen des Landes ebneten den Weg zur Spitze. Die Familie Premsyl ging dadurch aus all jenen, die die vorherrschende Macht ihn Böhmen innehatten, hervor, mit Prinz Wezeslaus (auch als Vaclav bekannt), als alleinigem Herrscher des Landes. Wezeslaus schwor Kaiser Heinrich I. im Jahre 929 den Treueeid, was Grund genug war, dass der herrschende stand Böhmens ihm ihre Unterstützung entzog. Deutsche Ventrue kamen in dieser Zeit nach Böhmen, theoretisch, um Wezeslaus zu unterstützen, aber eigentlich nur um selbst stark zu werden und sich zu etablieren, und so taten sie einige Jahre später auch nichts gegen die Ermordung des sterblichen Herrschers, und hofften in der Zeit des allgemeinen Aufruhres die Macht übernehmen zu können. Der Bruder des Prinzen Wezelslaus ermordete diesen 935 und errichtete einen Staat, der Böhmen, die Slowakei, Mähren, sowie teile Schlesiens und Südpolens umfasste. Seine Herrschaft wurde von den Angriffen Ottos I., des Kaisers des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, bedroht. Nach Boleslaus Tod 973, wurde Boleslaus II. Prinz und festigte das Reich. Aus Furcht vor Angriffen der christlichen Monarchen Westeuropas appellierte er an den Papst und gründete noch im selben Jahr das Bistum Prag. Einige Toreador und Lasombra, die nach der Kontrolle der Kirche schielten, kamen nach Böhmen und ließen sich in Prag nieder. Bretislaus, der Nachfolger Boleslaus II. erreichte die ständige Vereinigung Böhmens und Mährens, obgleich er gezwungen war, Deutschen Weisungen zu folgen, um die Premsyls unter Kontrolle zu halten. Im nächtlichen Prag dagegen machte sich mit Ferdinand von Sachsen erstmals ein Ventrue zum Prinzen. Er bot den Toreador seine Unterstützung an, hielt Böhmen im Heiligen Römischen Reich und seine Rivalen, die Lasombra, von der Kirche fern. Viele Gelehrte ließen sich daraufhin, von der Präsenz jüdischer Gelehrter und Kabbalisten angezogen, in Prag nieder, da sie sich hier Schutz vor Verfolgung erhofften. Ihre kainitischen Pendants die Tremere folgten nach und nach, während sich einige Kappadozianer und Nosferatu im jüdischen Ghetto niederließen. Die Medizin machte große Fortschritte; jüdische Chirurgen erlangten durch Studien an Leichen (im Gegensatz zu den Christen, die dies nicht durften) großes Wissen. Im Jahre 1091 zwang ein vernichtendes Feuer in der Prager Burg die Premsyls, ihren Hof nach Vyshrad zu verlegen und die Holzbefestigung durch eine steinerne zu ersetzten. 1102 erlangte Böhmen nach einer Besatzung durch Polen seine Unabhängigkeit zurück. Es erwehrte sich den ungarischen Angriffen 1107 und 1112 erfolgreich. Gleichzeitig schlossen sich die verschiedenen Orte enger zusammen. Prag war seit Beginn des 10. Jahrhunderts als Handelsort bekannt geworden und richtete eine Messe ein, die denen der größten westeuropäischen Städte Konkurrenz machen sollte. Neue Gebäude für deutsche Händler entstanden. Um 1157 wurde als eine der ersten Steinbrücken Europas die Judithbrücke über die Moldau errichtet. Schon bald entwickelten sich Alt- und Neustadt so rasch, das das Stadtbild von Steinhäusern und romanischen Kirchen bestimmt wurde. Als kultiviertes Zentrum des Lernens entstand in der Altstadt die Universität, die vom Ventruprinzen und den Premsyls finanziert wurde. Viele der größten Denker Europas kamen, um zu lernen und zu lehren. Mit der Universität kamen aber auch Kainiten aus dem Clan Brujah, um zu studieren und ein Land zu finden, an dem sie ihre Philosophien erproben konnten. Am Kreuzweg zwischen Ost und West, mit beiden verbunden, aber Teil von keinem, muss Böhmen seinen Weg vorsichtig gehen, oder aber im Gerangel gegensätzlicher Kulturen untergehen. Nach immer mehr Gebietsverlusten im Westen entschieden sich die Tzimisce nun endlich zurückzuschlagen. Vorstöße der Pruzzen unter Leitung der Drachen hinderten den Deutschen Orden unter Führung der Ventrue daran, eine wirksame Verteidigung aufzustellen. Und so errang der Clan des Drachen in Schlachten bei Marburg, Prag und den Nivjenkifeldern den Sieg. 1236 stießen sie sogar gen Österreich vor und besetzten die Freistadt Wien. Der neue Prinz Vladimir Trekowitsch rief die Blutjagd auf sämtliche Mitglieder des Haus und Clan Tremere aus. Der Prinz vom Clan der Drachen regierte Prag mit eiserner Hand und nur wenige Kainiten waren in der Domäne verblieben um den neuen Herrschern die Treue zu schwören. Prag wurde zu einem dunklen Ort, die Universität lockte bald niemanden mehr in die Goldene Stadt an der Moldau und die Drachen hüteten eifersüchtig das Wissen der Bibliothek und nur wenigen war es gestattet in den okkulten Büchern der Bibliothek zu lesen. Wichtige Ämter wurden fast ausschließlich innerhalb des eigenen Clans vergeben, einzig das Amt des Hüters der Traditionen bildete dabei eine Ausnahme und wurde vom Ancilla der Gelehrten Thomas Ratnik Jarovit bekleidet. Der Brujah schien ein treuer Untertan des neuen Prinzen zu sein und wie er an sein Amt gekommen war, liegt verborgen in den Nebeln der Geschichte. Einige Kappadozianer sahen die Herrschaft der Drachen als Chance und rissen die Kontrolle über die Kirche an sich, das Kloster Strahov wurde ihnen als Lehen überlassen und dort bildete sich das neue Zentrum für Kainitisches Wissen, sie schafften es sich eine eigene kleine okkulte Bibliothek in diesen heiligen Hallen einzurichten und schon bald galt das Kloster Strahov als ein Ort des Kainitischen Wissens und die Kappadozianer waren die Hüter dieses Wissens. Die Bibliothek zu Prag geriet immer mehr in Vergessenheit und Prinz Trekowitsch hatte es auch nicht für nötig gehalten einen Hüter des Wissens zu bestimmen und so musste jeder, der Zugang zu der geheimen okkulten Bibliothek erhalten wollte beim Prinzen selber vorsprechen. Der Winterprinz, wie er sich selber nannte, war nicht als gutherziger oder großzügiger Herrscher bekannt, schon manch einer musste bei seiner Vorstellung in der Domäne feststellen, das der Prinz niemand war, der einem einen kleinen Fehler ohne Strafe durchgehen ließ und so verwunderte es nicht, das kaum jemand Zugang zu der Bibliothek zu erhielt. Nachdem die Tzimisce die Macht übernommen hatten und die Tremere und die meisten Ventrue aus der Stadt vertrieben waren, fanden immer mehr Toreador und Lasombra ihren Weg in die Moldau Domäne. Auch die Kirche hatte eine schwere Prüfung zu bestehen, denn ein grausamer Blutkult hatte sich in Prag wie ein Geschwür eingenistet und ausgebreitet. Kirchen gingen in Flammen auf und der Kult schien immer mehr Anhänger in seinen Bann zu ziehen. Gottesgläubige Kainiten sammelten sich unter dem Banner des Glaubens um gegen diesen Kult vorzugehen und ihm das Handwerk zu legen, doch erst unter dem neuen Bischof Bernhard konnte dem Kult und seinen Anführern das Handwerk gelegt werden. Der Prinz Vladimir Trekowitsch berief im Jahre 1237 einen Blutsrat, jeder der Hohen Clans hat das Recht einen Abgesandten in den Rat zu entsenden. Die Aufgaben dieses Rates bestanden darin, den Prinzen in wichtigen Angelegenheiten zu unterstützten und zu beraten. Der Blutsrat schlug dem Prinzen ein neues Elysium vor, welches im Jahre 1238 offiziell vom Prinzen anerkannt wurde, der Magister Victor vom Rabenfeld wurde zum Hüter dieses Elysiums bestimmt. Der Clan des Todes scheint die Gunst des Herrschers verloren zu haben, ihr Lehen das Kloster Strahov wurde ihnen wieder genommen, doch nicht nur die Kappadozianer mussten das Kloster verlassen, sondern mit ihnen wurden auch ihre treuen Mönche, denen man Verbindungen zum Blutkult nachsagte, dem Kloster verwiesen und durch einen Orden aus dem fernen Mediash ersetzt. Das Jahr 1239 ist von politischen Umbrüchen gezeichnet, der Winterprinz Vladimir Trekowitsch übergibt die Domäne an eines seiner Kinder. Ladislav Boraczosicz soll im Namen von Vladimir Trekowitsch als Prinzregent über die Domäne an der Moldau herrschen. Über den Grund für die Ernennung Ladislav Boraczosicz zum Prinzregenten ist nur wenig bekannt, angeblich soll der Winterprinz zu einer längeren Reise aufgebrochen sein. Die erste Amtshandlung des Prinzregenten bestand darin die Neugeborenen Magister Radu Kapeska und Victor vom Rabenfeld in den Status von Ancillae zu erheben, den alten Blutsrat aufzulösen und durch einen Kleinen Hofrat zu ersetzen.
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